DIE METHODE

Ein besonders wichtiges Grundthema meiner Arbeit ist das Gesichtsfeld des Menschen. Im Zentrum steht aber nicht die Funktion des menschlichen Auges als Sehorgan, sondern die physischen und psychologischen Phänomene menschlichen Sehens bzw. die Möglichkeit, das Sehen aufzuzeichnen und in seiner speziellen Form darzustellen. Ziel des Projekts ist die Sammlung menschlicher Gesichtsfelder, dokumentiert durch den jeweiligen Betrachter. Das weitere Ziel, das ich mit der Realisierung des Projekts verfolge, ist das Bestreben, die natürlichen und authentischen Eigentümlichkeiten des Gesichtsfeldes für den Bereich der Kunst im breitesten Sinne zu nutzen.

DIE ARBEITSMETHODE

1) Zuerst wählt die Person ein Objekt aus. Sie entscheidet bewusst, welches Objekt sie über einen Zeitraum von mehreren Minuten betrachten will.

2) Das Objekt ist auf einem großen Stück Papier, Folie oder Leinen befestigt.

3) Die Person konzentriert ihren Blick auf das Objekt.

4) Um der erhöhten Konzentration etwas entgegenzusetzen, benötige ich ein komplementäres Element, das die Konturen des individuellen Gesichtsfelds definiert. In diesem Fall ist dies ein Laserstrahl, der sich von der Seite langsam dem beobachteten Objekt nähert.

5) Die Person versucht zu registrieren, zu welchem Zeitpunkt der Laserstrahl als roter Lichtpunkt in ihr natürliches Gesichtsfeld dringt.

6) Sie gibt mir ein Zeichen und in dem Moment unterbreche ich die Bewegung des Laserstrahls.

7) Ich markiere den Punkt und erfasse damit den äußeren Rand des Gesichtsfeldes.

8) Dann nähere ich mich mit dem Laserstrahl von einer neuen Position aus dem ausgewählten Objekt.

9) Auf diese Weise bildet sich schließlich die Kontur des individuellen Gesichtsfeldes um das Objekt.

10) Das entstandene Gesichtsfeld, das ausgewählte Objekt, ein Foto davon sowie Videoaufzeichnungen gehen als Dokumentation des Prozesses in die Sammlung ein.

Dank der hier kurz umrissenen Methode konnte die Gesichtsfeldsammlung begonnen und fortgeführt werden. Ein Ende dieses Experiments ist nicht abzusehen und auch nicht beabsichtigt.

Die „Sammlung der Gesichtsfelder“ habe ich 1996 begonnen. Zurzeit umfasst sie über 130 Aufnahmen, Zeichnungen und Videos verschiedener Gesichtsfelder. Ich bearbeite die Sammlung laufend weiter und integriere die bei der Fixierung der Gesichtsfelder erarbeiteten authentischen Erfahrungen in diverse Kunstformen. Nach meinen bisherigen Beobachtungen ist ein Zusammenhang zwischen der Physiognomie des Gesichtes und der Form des Gesichtsfeldes der jeweiligen Person feststellbar, ein Zusammenhang, der meines Wissens bislang weder von jemandem aufgedeckt wurde noch in die künstlerische Ausbildung Eingang fand. Das würde auch bedeuten, dass jeder Mensch, abhängig von der Form seines Gesichtsfelds, einen eigenen optischen Ausgang in die Welt besitzt. Und es wäre bedauerlich, die eigene Weltsicht nicht erfahren zu können.