1. bis 3. Die Große Norwegische Flagge - 2000
Röntgen Aufnahmen
C-Print auf Clearfilm
300 x 200 cm
4. Die Große Deutsche Flagge - 2009
Röntgen Aufnahmen
Austellungsmodell
120 x 70 x 100 cm
5. bis 6. Die Große Kroatische Flagge - 2001
Diaprojektionen verschiedener Größe im Ausstellungsraum
600 x 400 cm
Die Große Kroatische Flagge
2000-2009
Die Ansprüche, die der Litauer Darius Gircys an die Vereinnahmung eines Raumes stellt, sind ausgesprochen divergent. Mit der Verwendung von Röntgenbildern, die ihm seit 1999 als Material seines Kunstkonzeptes dienen, sind seine Gastausstellungen als integrierte Anmerkungen über die Menschen, deren Gastfreundschaft er in Anspruch nehmen durfte, aufzufassen – sein Schaffen kann somit als eine an diese Menschen gestellte Frage zu ihrem Selbstbild aufgefasst werden. Die Interpretation einer Nationalflagge unter Zugrundelegung von Röntgenbildern, wie der zuvor in Bergen gezeigten norwegischen, der in Berlin ausgestellten deutschen oder der „Großen Kroatischen Flagge“ hier in Zagreb, wirft implizit Fragen nach den Beziehungen zwischen Individuum und Staat, zwischen Staat und Gesellschaft bis hin zur gleichsam autistisch zu nennenden selbstreferenziellen Eigensicht des Staates auf.
Im Unterschied zu Meldebekov macht Gircys keinen Gebrauch von seinen eigenen Traditionen, sondern bedient sich der tradierten, zu generalisierten Staats- und Machtsymbolen erhobenen Hoheitszeichen anderer Völker. Indem er dem Betrachter sein hergebrachtes, als Sinnbild seiner nationalen Identität geltendes Symbol verfremdet präsentiert, verkürzt er die kommunikative Distanz zu ihm. Eben diese kontextuellen Relationen sind für Gircys von besonderem Interesse. Er erforscht die Räume, in die er vorgestoßen ist, nicht diejenigen, aus denen er stammt und es ist eben diese Umkehrung, die ihn in die Lage versetzt, seine eigene Stellung im Werk zu minimieren.
Als einziger europäischer Preisträger und einer der beiden aus ex-kommunistischen Ländern stammenden Künstler dieser Ausstellung ist Gircys bestrebt, die Gründe für globale Distanz aufzudecken, indem er den Versuch unternimmt, seine spezifische Position als Fragesteller zu objektivieren, während er synchron dazu Gewinn aus den lokalen Diskursen zieht. Im Unterschied zu Meldebekov agiert dabei er in seinem eigenen, dem europäischen Kulturraum aber er blendet konsequent die jüngste kommunistische Vergangenheit seiner Heimat Litauen aus, ebenso die seines Gastlandes Kroatien. Konträr hierzu finden als provozierende Elemente traditionelle Diskurse über Kunst Eingang in sein Werk. Ohne sich in diesem Fall einer Seite verpflichtet zu fühlen, nimmt sich Darius Gircys das Recht heraus, immer wieder neue Fragen in den kommunikativen Raum zu stellen.
Dr. Janka Vukmir
Museum für zeitgenössische Kunst
Zagreb, Kroatien